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Krankenhausserien, jeder kennt sie. Sie wecken Erwartungen, transportieren Klischees und klären auf. Meistens aber darüber, wie sich Schwester X am schnellsten Dr. Y angelt und ein paar Kinder von ihm bekommt, und irgendwann als Hobbyschwester Teilzeit in den Beruf zurückkehrt. Ok ok, ganz so schlimm ist es nicht, aber hierbei handelt es sich ja um ein gängiges Vorurteil. Heute bin ich auf eine Analyse von Krankenhausserien aufmerksam geworden, die ich sehr interessant gefunden habe. Krankenhausserien werden dabei in Serien eingeteilt, die  

  • nur Ärger auslösenvon heldenhaften Ärzten (Schmacke,1997) und dienenden Krankenschwestern gewürzt mit sex und crime stories (Düperthal,1999) handeln
  • das positive Mediziner-Klischee des helfenden, einfühlsamen Arztes in den Vordergrund stellen (Weiderer 1995) und
  • nachfolgend übersteigerte Erwartungen der Zuschauer gegenüber den realen Ärzten und ihrer Einsatzbereitschaft hervorbringen

Ärger sowohl bei potentiellen Kunden, die sich mit einer Schweinwirklichkeit konfrontiert sehen, die sie am liebsten oder gar nicht erleben möchten. Das resultiert wie immer aus unterschiedlichen Erfahrungen, die man beim Hausarzt, beim Spezialisten oder aber im Krankenhaus gemacht hat. Häufig fühlt sich aber auch das Personal auf den Schlips getreten. Kommt der Konsument von Krankenhausserien ins Krankenhaus, sieht er sich mit einer Realität konfrontiert, die dem, was er im Fernsehen gesehen hat, nicht entspricht.

Kein Wunder. Niemand kann rund um die Uhr arbeiten, ist immer guter Dinge und hat für alles eine Lösung. Wenn doch, herzlichen Glückwunsch – Sie haben hervorragendes Personal, optimale Arbeitsbedingungen und das Gehalt stimmt – oder aber die Einstellung. Ganz besonders werden ja bekanntlich Liebesbeziehungen zw. unterschiedlichen Berufsgruppen fokussiert und dargestellt.

Ich gehe regelmäßig auf die Barrikaden, wenn man mich fragt, warum ich nicht mit einem Arzt verheiratet bin. Damals im Krankenhaus, da lagen sie doch rum, die Mediziner, frisch von der Uni, nur von Ihren Professoren indoktriniert, wissensdurstig und neugierig. Ok, Studien zufolge gibt es ja überdurchschnittlich viele Healthcare-Ehen. Obwohl es sich dabei eher um die Kombination Arzt/ Krankenschwester und nicht um die Kombination Ärztin/ Krankenpfleger handelt.

Das man es mit einer Welt zu tun hat, die mit der gemeinen Wirklichkeit nichts mehr zu tun hat, stimmt zum Glück seit Emergency Room nicht mehr. Das heroische Arztbild bröckelt langsam, soziale und persönliche Probleme werden betont und in den Vordergrund gerückt. Sicherlich nicht immer einfach zu akzeptieren, aber mir ist ein menschlicher Arzt lieber, als jemand, der einfach nur aalglatt durch die Gegend rennt, mit Fremdwörtern rumjongliert und sich hinter seinen Büchern versteckt.  

Politik und Ökonomie werden ebenfalls ins Blickfeld gerückt. Nur wie viel Aufklärung im Fernsehen können wir wirklich vertragen? Wir gehen ins Krankenhaus um gesund zu werden. Möchten zuvorkommend behandelt werden und so schnell wie möglich wieder entlassen werden. Werden Probleme der Versorgung in den Vordergrund gerückt, wird das Vertrauen erschüttert. Sicher kann man aufklärerisch tätig werden, Missstände anprangern und verdammen. Ein wenig Sensibilität für die das, was die unterschiedlichen Berufsgruppen des Gesundheitswesens jeden Tag leisten schadet niemanden.24 Stunden Dienste, Doppelschichten, keine freien Wochenenden, Feiertagsarbeit – ganz nah am Leid anderer Menschen – für ein Gehalt, dass der physischen und psychischen Belastung, die diese berufsgruppen jeden Tag ausgesetzt werden, nicht gerecht wird.

Arroganz ist alles andere als angemessen. Kürzlich habe ich mitbekommen, wie eine Krankenschwester einfach nur dumm angemacht wurde. Sie hätte doch keine Ahnung, was hat sie schon gelernt, man selber hätte schliesslich studiert. Ja und? Was sagt uns das? Den Einwand, dass die Pflege inzwischen auch akademisiert wird, lasse ich nicht gelten. Er ist zwar berechtigt, hört sich aber fast nach Rechtfertigung an. Jeder der so denkt, soll sich ersteinmal mehrere Jahre ins Krankenhaus oder in ein Pflegeheim stellen und das leisten,was in detschen Krankenhäusern geleistet wird. Von unten bis nach oben – vertikal wie horizontal.

Und neben dem mal noch etwas anderes. Neben dem, was man mal in der Ausbildung gelernt hat und jeden Tag in der Praxis vertieft  kann man googeln, sich ein wenig mit Kennzahlen auseinandersetzen, man bekommt im Krankenhaus ein Stimmungsbild von unterschiedlichen Berufsgruppen aller Altersschichte zu jedem beliebigen Thema. Man kümmert sich um die Patienten, hat ein offenes Ohr für sie – egal ob es sich um einen  Vorstandsvorsitzenden oder aber um eine Kassiererin handelt. Frau Schwester kann Ihnen sagen, was die neueste Mode ist – auch wenn´s man es in Krankenhäusern häufig mit weißen Leibchen zu tun hat. Sie weiß, wer von wem Besuch bekommt und wer mit wem telefoniert. Und das alles ohne Twitter und Facebook. Und sitzt sie in sozialen Netzwerken sattelfest, kann sie dem Klinikchef auch noch ein gescheites Social Media Monitoring zukommen lassen und dabei Krisenprävention betreiben. Nicht auszudenken was passiert, wenn der Patient aus Versehen twittert, dass das Mittagessen nicht heiß genug war. Am Ende kommt direkt das Gesundheitsamt und prüft die Essenstemperatur.

Was ich damit meine ist folgendes. Spielen Sie einfach mal eine Art Jobrotation durch. Ok, Ingenieure weggehorcht. Was bedarf es, Ihren Job zu machen?

Das Interesse, dass die Krankenpflege nicht eigenständig ,sehr gut ausgebildet und selbstbewusst seine Arbeit macht ist aber an einigen Stellen nicht besonders stark ausgeprägt. Zum einen im medizinische Sektor, der Interesse daran hat, weiterhin gut ausgebildetes Hilfspersonal für die Ausführung ärztlicher Anordnungen zu haben. Die Delegation ärztlicher Tätigkeiten ist schon seit längerer Zeit Diskussionsthema. Als Aufwertung des Pflegeberufes verkaufen es die Einen, als Entlastung des ärztlichen Dienstes die Anderen. Auch die Institution Krankenhaus als Teil des Gesundheitssystems ist aufgrund der Kostenexplosion nicht daran interessiert, dass eine so große Berufsgruppe selbstbewusster wird und sich mit vergleichsweise niedrigen Löhnen zufrieden gibt.Das sorgt für Frust, Fluktuation und Jobleaver. Und so viele rücken nicht nach.

Die Schwarzwaldklinik ist also ausgegangen. Ärzte sind keine unangreifbaren Halbgötter in Weiß mehr, bemühen sich um einen patientenorientierten Kommunikationsstil und auch der Teamaspekt der Arbeit im Gesundheitswesen findet Beachtung. Es wird also alles viel realer. Und für die Fans der Schwarzwaldklinik – auch die wird es irgendwann wieder geben. Wenn sich der Personalschlüssel wieder verändert, das Ansehen der Pflege weiter gestiegen ist und die Finanzierung des Gesundheitswesen endlich gesundet ist.

In diesem Sinne – seid nett zu Krankenschwestern!!!