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app, Österreich, Care Solutions, digitale Patientendokumentation, eHealth, iPhone, Krankenhaus, Mobile Health, patient safety, Patientensicherheit, Pflegeeinrichtung, Spital, Wien
Die Barmherzigen Brüder, einer der größten privaten Gesundheitsanbieter Österreichs, leiten eine Offensive zur vollständigen Umsetzung der digitalen Patientendokumentation in ihren Spitälern und Pflegeeinrichtungen ein. Mit der ordenseigenen IT-Firma „CareSolutions“ setzt der Orden einen Meilenstein.
Künftig werden alle Patienteninformationen von der Einlieferung bis zur Entlassung elektronisch erfasst und damit – für befugte Ärzte und Pflegepersonal – rund um die Uhr von jedem Ort aus abrufbar. Die Barmherzigen Brüder waren bereits im 16. Jahrhundert die ersten, die systematisch Patientendaten erhoben.
ÄrztInnen verbringen mitunter viel Zeit, nach Befunden zu suchen. Um diese Zeit sinnvoller zu nützen, arbeiten IT-Experten an digitalen Lösungen für eine moderne Patientendokumentation, die auf bestehende administrative Krankenhaus-Informationssysteme aufbaut.
CareSolutions zählt zu den führenden heimischen Software-Entwicklern in diesem Segment. „Mit den Programmen von CareSolutions können wir garantieren, dass Patientendaten lückenlos sicher erfasst werden und jederzeit abrufbar sind. Dies ist ein enormer Fortschritt und Komfort für Patienten, Ärzte und die Pflege“, sagt Direktor Adolf Inzinger, wirtschaftlicher Gesamtleiter der Barmherzigen Brüder Österreich.
Lösungen von CareSolutions sind in über 40 Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen in Österreich im Einsatz. Das Grazer Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in der Marschallgasse war das erste Spital, das vollständig digitalisiert arbeitet. Hier sind Ärzte mit Laptop und iPhone bei der Visite ein alltägliches Bild. Assistenzarzt Dr. Harald Mayer hat sich schon während seiner Ausbildung mit „Mobile Computing“ im Krankenhausalltag beschäftigt. „Lösungen wie jene von CareSolutions sind unverzichtbare Instrumente in der Administration von Patienten, beim Visitenmanagement sowie in der Behandlung und Pflegesteuerung“, sagt Dr. Mayer.
Das oft zitierte „Krankenhaus der Zukunft“ ist bei den Barmherzigen Brüdern schon Realität.
Die Mitarbeiter nutzen die iPhones ausschliesslich als Diensthandys, auf denen eine spezielle App der Firma Datentechnik-innovation aufgespielt ist. „Die Daten werden auf die iPhones mittels WLAN (alle unsere Einrichtungen sind vollkommen drahtlos vernetzt) gepusht. Selbstverständlich funktioniert diese Kommunikation nur verschlüsselt und nur innerhalb des jeweiligen hausinternen Funknetzes. Verlässt jemand den Empfangsbereich des verschlüsselten Funknetzes, so bricht auch die Kommunikation zu den entsprechenden Anwendungen ab. Die Nutzung der Services ist also an den Empfangsbereich des WLANs und nicht an den des iPhone’s gekoppelt – soll heißen, dass man NICHT von zu Hause oder unterwegs auf Patientendaten zugreifen kann“, erzählt Mag. Bernhard Zahrl.
Diese Lösungen sind prinzipiell iPad-kompatibel aber noch nicht für die Auflösung des Ipads programmiert. Dies ist jedoch in Planung. Da mit den iPhones aber auch Befunde, Arztbriefe etc. diktiert werden (die dann auch über eine automatisierte Spracherkennung laufen) werden iPads derzeit nicht eingesetzt.
Digitale Fieberkurve und Röntgenbilder
Während das Patienten-Administrationssystem PATIDOK für die gesamte Leistungsabwicklung und Ablaufsteuerung zuständig ist, liefert CareSolutions vier individuelle Programme für Pflege-, Visite-, Intensiv- und Wundmanagement. Diese Anwendungen ermöglichen die Darstellung von patientenbezogenen Daten auf einen Blick. Dank definierter Schnittstellen können die Daten programmübergreifend, aber auch mit den Basisdaten aus PATIDOK verknüpft werden, was eine einheitliche Verwendung und Bearbeitung ermöglicht und Fehlerquellen ausschließt.
„Eine Studie, um die Zeit zu erfassen, die täglich für administrative Tätigkeiten aufgewendet werden muss, haben wir nicht durchgeführt und kennen eine solche (leider) auch nicht. Man liest und hört aber immer wieder, dass „viel“ Zeit und nach Schätzungen aus dem In- und Ausland bis zu 20 % der Arbeitszeit für das Suchen von Befunden etc. verwendet wird. In vollkommen digitalisierten Abteilungen geht dieser Aufwand nun gegen Null. Zusätzlich ist zu bedenken, dass in Österreich Patientenakten laut Gesetz für 30 Jahre aufgehoben werden müssen. Dies bedeutet, dass bei einem Krankenhaus mit 400 Betten und rund 25.000 stationären Patienten sowie etwa 50.000 Ambulanzfrequenzen pro Jahr enorme Papiermengen anfallen, die in Archivräumen gelagert werden müssen. Hier etwas suchen zu müssen, ist bei Akutfällen ein Zeitproblem, bzw. ganz allgemein eine finanzielle Last (Schaffung des Archivraums, Personal, Betriebskosten etc.). Die Digitalisierung der Daten bringt als nicht nur bei der direkten Arbeit am Patientenbett Vorteile“, erzählte Mag. Zahrl.
Patientendaten auf einen Blick
Vorbei sind die Zeiten, in denen ÄrztInnen oder das Pflegepersonal externe Befunde für die Visite suchen mussten. Alle relevanten Daten befinden sich heute im System und können individuell abgerufen werde. „Das Visitenmanagement „MedCaSol“ stellt auf einer intuitiv zu bedienenden Benutzeroberfläche, die je nach Abteilung konfiguriert werden kann, für jeden Benutzer eine eigene Datenübersicht dar, erklärt Michael Wiltschnigg, Geschäftsführer von CareSolutions und IT-Leiter der Barmherzigen Brüder Österreich. „Fieberkurve, Arbeitsdiagnosen, Medikationen, Vitalparameter und Laborbefunde können auf einen Blick erfasst werden. Das gleiche gilt für Röntgenbilder oder Pflegeberichte“, so Wiltschnigg.
Für ÄrztInnen und Pflegepersonen bedeutet die digitale Patientenakte eine enorme Erleichterung. Sie erhalten am PC oder am mobil eingesetzten Notebook direkten Einblick in die Krankengeschichten der PatientInnen. Gleichzeitig sind alle Daten biometrisch geschützt, revisionssicher abgespeichert und nur mit Zugangsberechtigung durch die MitarbeiterInnen einsehbar. Biometrisch bedeutet, dass auf Notebooks und „Mäusen“ Fingerprint-Sensoren vorhanden sind. Streicht der Benutzer mit dem Finger darüber, wird er vom System identifiziert und hat Zugriff auf jene Bereiche (Station, Patienten etc.) für die er berechtigt ist.
Findet auf dem Computer für eine bestimmte, einstellbare Zeit (bspw. 30-60 Sekunden) keine Aktivität statt, so wird die jeweilige Arbeitsstation automatisch wieder gesperrt. In der Praxis entfällt dadurch das lästige Eingeben/Merken von Passwörtern und der Anmeldeprozess verkürzt sich auf etwa 2-3 Sekunden. Bei der von uns eingesetzten Lösung (Siemens-Biometrics) werden nur einzelne Merkmale des Fingerabdrucks verschlüsselt gespeichert. Der „klassische Fingerabdruck“ ist nicht gespeichert und kann auch nicht rekonstruiert werden. Dass bei der Implementierung einer solchen IT-Lösung der Betriebsrat intensiv eingebunden werden muss, versteht sich wohl von selbst“, so Mag. Bernhard Zahrl.
Auch PatientInnen profitieren, denn durch die umfassende Dokumentation aller Daten können nicht nur Mehrfachuntersuchungen vermieden, sondern auch Fehldiagnosen und Medikamentenunverträglichkeiten minimiert werden.
Tradition, Innovation und Fortschritt
Die Dokumentation von Krankengeschichten hat bei den Barmherzigen Brüdern Tradition. Der Ordensgründer, der hl. Johannes von Gott, ließ bereits im 16. Jh. als erster schriftliche Aufzeichnungen von PatientInnen erstellen, um wissenschaftliche Erkenntnisse zu erzielen. Die frühesten Krankenprotokolle bei den Barmherzigen Brüdern in Österreich stammen aus dem 17. Jh. – dokumentiert im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Graz. Innovation und Fortschritt sind bis heute die Leitmotive des Ordens. Das Krankenhausinformationssystem PATIDOK und die Anwendungen von CareSolutions kommen in über 40 Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen zum Einsatz.
Über die Barmherzigen Brüder
Der Orden der Barmherzigen Brüder ist weltweit in über 50 Staaten mit mehr als 300 Einrichtungen vertreten. Etwa 52.000 angestellte und rund 7.000 ehrenamtliche MitarbeiterInnen betreuen pro Jahr rund 20 Millionen Menschen. In den österreichischen Ordenswerken (Spitäler in Wien, Eisenstadt, Graz-Marschallgasse, Graz-Eggenberg, EKH-Klagenfurt, St. Veit/Glan, Salzburg und Linz; Johannes von Gott-Pflegezentrum in Kainbach bei Graz, Altenwohn- und Pflegeheim in Kritzendorf bei Wien, Kneipp-Gesundheitszentrum in Schärding und Pflegeakademie in Wien, Drogentherapiestation Walkabout in Kainbach bei Graz, Lebenswelten in Schenkenfelden und Pinsdorf sowie in zahlreichen Kooperationen) betreuen rund 5.500 MitarbeiterInnen in Voll- und Teilzeitbeschäftigung jährlich mehr als 128.000 stationäre PatientInnen, das entspricht einer Leistung von einer Million Pflegetagen.
Zur Österreichischen Ordensprovinz gehören auch die Provinzdelegaturen Ungarn, Slowakei und Böhmen-Mähren.
Tel: (01) 21121/1102
Fax: (01) 21121/1120
E-Mail: bernhard.zahrl@bbprov.at
Ein toller Artikel, der Mut macht!
Als ich vor drei Jahren dem Krankenhaus den Rücken zukehrte, verliess ich (Pflegefachfrau) eine chirurgische Bettenstation, wo als Pilotstation ein Klinikinformationssystem (KIS) eingeführt wurde. Ich habe damals die Digitalisierung nicht so positiv erlebt wie es nun aus Österreich tönt. Die meisten der Pflegefachpersonen konnten mit dem Computer nicht viel anfangen und verfügten auch nicht über genügend Computer Literacy. Hinzu kam, dass das KIS in den Kinderschuhen steckte und entsprechend sehr viele Kinderkrankheiten damit verbunden waren. Schwierig war durch das KIS auch die Zusammenarbeit mit den Ärzten; so hatten nur die Ärzte Berechtigungen für das Medikamenten-Verordnungstool, was dazu führte, dass wir Pflegefachpersonen die telefonische Medikamentenverordnung (meist von den Assistenzärzten aus dem OP raus) nicht dokumentieren konnten, diese jedoch ausführen mussten. Ein sehr belastender Graubereich!
Nichts desto trotz blicke ich auch dank den Berichten aus Österreich zuversichtlich in die Zukunft und werde vielleicht auch mal wieder einen beruflichen Fuss ins Krankenhaus setzen. Was wir jedoch bei der Digitalisierung nicht vergessen sollten sind die Menschen, die diese Systeme bedienen (sollten). Berücksichtige ich die Entwicklung hier in der Schweiz – zu wenig Pflegepersonen, vor allem solche, die noch am Bett arbeiten und entsprechende Besprebungen Wiedereinsteigerinnen zurück ans Bett zu holen – dann hoffe ich inständig, dass dies auch in der Ausbildung berücksichtigt wird. Angehende und zurückkehrende Pflegefachpersonen sollten unbedingt auch über fundierte Computerskills verfügen!
Haben Sie, Frau Stagge, da Kenntnisse, wie die Digitalisierung in der Ausbildung in Österreich oder Deutschland berücksichtigt wird?
Hallo Fr. Moser,
vielen Dank für Ihre ausführliche Rückmeldung. Das ist ein ziemlich spanndendes Thema. Ich recherchiere mal und versuche herauszufinden, inwiefern die Digitalisierung in den Curricula berücksichtigt wird. Ich gebe Ihnen so bald als möglich eine Rückmeldung.
viele Grüße
Anja Stagge
8wx5ZK Very true! Makes a change to see someone spell it out like that. 🙂
Hallo Fr. Moser,
hier ist schon Rückmeldung von Hr. Zahrl.
„Bezugnehmend auf das Posting von Frau Moser darf ich Ihnen Folgendes mitteilen: In der Schule für allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege und Pflegeakademie der Barmherzigen Brüder Wien gibt es zwei Formen des EDV/IT-Unterrichts. Einerseits erhalten die SchülerInnen eine Office-Schulung. Sie werden dadurch befähigt, bspw. Fachbereichsarbeiten in Word zu erstellen, Präsentationen anzufertigen oder wissenschaftliche statistische Auswertungen in Excel vorzunehmen. Andererseits gibt es im Rahmen des Ausbildungsbereiches „Pflegeprozess“ Schulungen auf der in unseren Einrichtungen verwendeten Software NCaSol. Dies bedeutet, dass SchülerInnen nach der Diplomierung die Pflegedokumentation selbstständig digital durchführen können.
Entscheiden sich SchülerInnen jedoch nach der Ausbildung bei einem anderen Krankenhausträger zu arbeiten, so müssen sie bei diesem eine spezielle Schulung auf das jeweilige Programm machen, haben aber bereits die Grundprinzipien solcher Programme kennen gelernt.“
viele Grüße
Anja Stagge
Der Facebook Like Button wuerde sich gut im Blog machen, oder finde ich ihn nur nicht?
Pingback: ICMCC News Page » Digitale Patientendokumentation – mit dem iPhone zur Visite
Danke für den informativen Artikel. Werde in deinem Blog sicherlich öfter vorbeischauen. Ich hoffe, dass irgendwann auch in den deutschen Krankenhäusern Laptops, iPads oder iPhones bei der Visite genutzt werden. Ich habe selbst in Österreich miterleben dürfen, wie praktisch es ist mit einer digitalen Patientenakte zu arbeiten, wie viel einfacher es ist, dem Patienten am Krankenbett Röntgenbilder/CT-Bilder zu zeigen und zu erklären. Mal sehen, wie es in den nächsten Jahren weitergehen wird.
viele Grüße
Witold Polanski
Hallo Hr. Polanski,
vielen Dank für Ihre Rückmeldung. Vereinzelt werden auch in Deutschland schon iPhones und Laptops bei der Visite genutzt. Ich hoffe, dass diese Entwicklungen weiter voranschreiten. Es bleibt spannend.
viele Grüße
Anja Stagge
Derzeit versuche ich in Düsseldorf/Deutschland in einem Krankenhaus bei der Einführung digitaler Werkzeuge (wie iPad oder iPhone) behilflich zu sein. Sehr schwer ist es hier, allerdings wegen Gesetzen die das verhindern und natürlich menschlichen Entscheidern die zwischen diesen Lösungen und der tatsächlichen Umsetzung stehen. Die Anwendung ist hinterher nicht mehr das Problem. Wenn also schon jemand ein Krankenhaus in Deutschland kennt, würde ich mich über eine Kontaktvermittlung sehr freuen.