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Körperscanner werden seit einiger Zeit an vielen Flughäfen eingesetzt. Mithilfe von Röntgenstrahlen und Terahertzwellen kann durch die Kleidung eines Menschen hinweg der Körper einer Person sowie Gegenstände, die diese Person bei sich trägt, abgebildet werden. Das klingt im ersten Moment ziemlich beängstigend, oder? Während der Einsatz von Körperscannern an Flughäfen weiterhin umstritten ist, werden ähnliche Technologien schon seit einigen Jahren in der Medizin eingesetzt.
Augmented Reality
Ein Stichwort dazu ist Augmented Reality (AR). Unter AR (erweiterte Realität) versteht man die Erweiterung der tatsächlichen Welt durch virtuelle, von Computern erzeugte Elemente. Im Gegensatz zur virtuellen Realität, bei der vollständig in die virtuelle Welt eingetaucht wird, steht bei der erweiterten Realität die Darstellung von zusätzlichen Informationen (via Echtzeit-Interaktion), die einen unmittelbaren Bezug zu den Wahrnehmungen haben, im Vordergrund.
Interessante Einsatzgebiete sind z.B. interaktive Live-Bildgebung als Unterstützung für die Ärzte, Medizinstudenten und Kinder. Auch in der Minimal Invasiven Chirurgie (MIC) kann AR unterstützend eingesetzt werden. So wurde z.B. an der TU München ein computergestütztes Visualisierungs- und Navigationssystem für den Einsatz in der Chirurgie entwickelt.
Das Ganze kann man sich ungefähr so vorstellen: Mittels eines kleinen Gerätes, an dem Kameras und eine Datenbrille angebracht ist, kann der Chirurg den Patienten genau so sehen, wie er auf dem OP-Tisch liegt. Er kann visuell weit tiefer, durch die Haut und die Muskeln bis auf die Knochen, in den Körper hineinblicken und sich zunächst einen Überblick verschaffen.Und das auf Knopfdruck. Hat er dies getan, kann er mit der Operation beginnen. Über eine kleine Öffnung im Körper kann er seine Instrumente, z.B. Endoskop, Kathether oder Bohrer in den Körper einführen. Auf dem Bildschirm der Datenbrille wird ihm genau angezeigt wo er den Schnitt setzen muss und er kann verfolgen, wo sich die Instrumente befinden. Er verfügt sozusagen über einen Röntgenblick.
Um mit diesen Informationen arbeiten zu können, werden im Vorfeld der Operation aus möglichst unterschiedlichen Blickwinkeln CT-Aufnahmen gemacht. CT-Aufnahmen deshalb, da ein CT (Computertomographie) im Gegensatz zu einem normalen Röntgengerät zwischen unterschiedlichen Gewebearten unterscheiden kann. Diese gespeicherten Daten werden dann mit dem realen Kamerabild zusammengeführt und voilá der Chirug hat den Eindruck, er blickt durch jede einzelne Schicht des Körpers.
Mithilfe eines Trackingsystems aus Infrarotkameras, welches Referenzpunkte verfolgt und somit die Position des Patienten und des Bildschirms sowie der Lage der Instrumente genau bestimmt, kann das Computerprogramm die Livedaten und das gespeicherte CT-Bild passgenau aufeinanderlegen. Es kann sogar noch einen Schritt weiter gegangen werden. Durch einen virtuellen Spiegel, der den Instrumenten zugeschaltet wird, kann außerdem die Rückseite des zu operierenden Organs dargestellt werden.
The Magic Mirror
Forscher der Technischen Universität München haben jetzt einen funktionierenden Prototyp, die eine Augmented-Reality-3D-CT Überlagerung einer Person vor der Kamera zeigt, entwickelt. Der „Magic Mirror“ ist eine Software, die in erster Linie zu Ausbildungszwecken eingesetzt wird. Die Microsoft Kinect stellt ein Farb- und einen Tiefenbild zur Verfügung. In Verbindung mit OpenNI und PrimeSense NITE ist es so möglich, das Skelett eines Menschen der vor der Kinect steht, abzubilden. Durch das Hinzufügen eines benutzerdefinierten Codes kann man außerdem in den Körper hineinschaun.
Wie das Ganze funktioniert, wird im folgendem Video demonstriert.
Beim „Magic Mirror“ handelt es sich derzeit um einen Prototyp. Er zeigt nicht das CT der Person vor dem Monitor, sondern ein CT einer anderen Person. Dabei wird auf die Datenmenge des „Visible Korean Human„-Projekt zurückgegriffen.
Chancen und Herausforderungen
Durch Augmented Reality Projektionen von Knochen, Muskeln und anderen Körperteilen können der medizinische und der schulische Unterricht völlig neu gestaltet werden. Studenten können z.B. wie in einem Computerspiel das Operieren üben. Kindern kann die Anatomie des menschlichen Körpers auf eine neue Weise nahe gebracht werden. Ich gehe davon aus, dass Ärzte eines Tages bei der Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese) routinemäßig ein „Head-Mounted-Display“ einsetzen, welches über virtuelle Tags frühere Verletzungen und Krankheiten aufspüren kann.
Der Einsatz dieser Technologien bei Operationen kann zu einer deutlichen Arbeitserleichterung für den Operateur und zu einer Risikoverminderung für den Patienten (bessere Fehlererkennung) führen. Allerdings gibt es auch einige Nachteile. So kann es passieren, dass während einer Operation die Ausblendung ausfällt oder aber die Einblendung fehlerhaft ist. Dies wiederum kann unerwünschte Folgen auf das Operationsergebnis haben. Auch bieten die Auflösung, die Bildfrequenz und die Genauigkeit der Darstellung sowie das Tracking-System noch erhebliches Optimierungspotential.
Die genannten Beispiele zeigen nur einen minimalen Ausschnitt dessen, wie die Medizin mithilfe von diesen neuen Technologien revolutioniert werden kann. Ich bin gespannt, was in Kürze alles möglich sein wird.
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